Zugegeben: Der Jubilar – um nicht zu sagen der Patient – ist gewissermaßen scheintot, die Bilanz liest sich zunächst ernüchternd: 20 Kilometer Eisenbahn-Strecke, 1896 bis Güglingen und 1901 bis Leonbronn als Schmalspurbahn erbaut, 1964 mit großem Aufwand auf „Normalspur“ umgestellt und modernisiert, liegen heute brach: Der Personenverkehr ist seit 1986 eingestellt, 1995 erlosch die Genehmigung zum Betrieb der Infrastruktur. Es fährt nicht einmal mehr ein Güterzug, niemand hat – zur Zeit – noch einen Nutzen von diesem so wichtigen Verkehrsweg. Zunächst mag das Jubiläum „100 Jahre Bahnanschluß für Güglingen“ also vor allem Anlass für einen nostalgischen Rückblick geben – „es war einmal“. Jedoch bedeutet ‚kein Betrieb‘ nicht unbedingt ‚keinen Bedarf‘.
Heute sind entlang der Zabergäubahn wesentlich mehr Personen unterwegs, gibt es mehr Fracht zu befördern als seinerzeit und was der Schiene einst als Nachteil ausgelegt wurde – ihre Ausrichtung auf eine einmal vorgegebene Linie ohne Umwege – scheint inzwischen als ihr Vorteil zu gelten. Denkbar ist, dass auch das Zabergäu künftig zumindest teilweise vom Heilbronner „Stadtbahn-Fieber“ erfasst wird. Ohne das schreckliche Lauffener Omnibusunglück von 1959, aber auch ohne viele umtriebige Bürger und Bürgermeister, gäbe es die Zabergäubahn heute nicht mehr. Lokales Handeln hat übergeordnete Gleichgültigkeit verdrängt. Freuen wir uns daher, dass die Opfer nicht umsonst waren, dass die Möglichkeit, eines Tages wieder auf der Schiene zu reisen, noch besteht – und helfen wir alle, dass das jetzige Kapitel in der Geschichte unserer Zabergäubahn nicht das letzte bleibt.